Interview
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Interview mit einem Reisenden

Name: Horst Kriete

 

Alter: 77

 

Familie: verheiratet,
2 erwachsene Kinder

 

Position(en) als Spieler:
Sturm, später Mittelfeld

 

Beruflicher Werdegang:
Gymnasiallehrer, DFB-Fußballlehrer-Lizenz

Stationen

Spieler

z.B. TSV Venne Jugend (1957 – 1962)

 

FC SW Kalkriese (1962 – 1965)

 

Eintracht Osnabrück (1965 – 1968)

 

Spvg Hamm (1968/1969)

 

Studentennationalspieler (1967 – 1968)

 

SVA Gütersloh (1969/1970)

 

TUS Ahlen (1970 – 1972)

 

Spvg Beckum (1972/1973)

Spielertrainer

SV Schwagstorf (1973/1974)

Rot-Weiß Damme (1974 – 1976)

SV Eintracht Osnabrück (1977 – 1979)

 

1979 – 2020
Als DFB-Auslandstrainer (seit 1979) und FIFA Technical Expert (seit 1991) in 60 Ländern auf allen Kontinenten tätig, in vielen Ländern mehrere Male.

Interview

Was waren die Beweggründe für deinen Wechsel vom TSV Venne zum FCK und wie ist der Kontakt zustande gekommen?

Beim TSV Venne war man natürlich nicht begeistert, dass einer der Leistungsträger der A-Jugend (Kreismeister) den Verein verließ. Adolf Kreyenhagen jun., nicht mein Onkel Walter, FCK-Vorstandsmitglied, leitete meinen Wechsel zum FCK ein. Adolf, zu der Zeit Trainer der 1. Mannschaft, war einer der wenigen, die im Osnabrücker Raum schon eine offizielle Trainer-Lizenz (B-Lizenz) hatten. Nach Gesprächen und Trainingsbeobachtungen beim FCK hatte ich das richtige Gefühl, Teil einer guten Mannschaft werden zu können. Adolf, selbt ein ehemaliger höherklassiger Spieler (FCR Bramsche), hat uns leider 1996 viel zu früh verlassen. 

 

Während Adolf die Mannschaft sehr strukturiert und analytisch führte, hatten wir mit Willi Starke, der später die Mannschaft übernahm, einen Trainer, der die Mannschaft sehr emotional und mit viel Engagement prägte.

 

So unterschiedlich beide Trainer als Charaktere waren, so sehr konnten sie uns, die jüngeren als auch die älteren Spieler, als Mannschaft formen. Alle Mannschaftskameraden waren irgendwie Spielerpersönlichkeiten, dennoch gab es einen ganz „Großen“: Harry Borchert. Harry, ein Naturtalent, das jede Spielsituation lesen konnte, hätte es zum Profispieler bringen können, wollte aber augenscheinlich nicht „seine“ Familie FCK verlassen. 

Gibt es Spiele, an die du dich besonders gerne erinnerst?

Fast alle Derbys waren Highlights in einer Spielsaison, wobei durch die Pokalturniere vor Beginn der Spielsaison der Enthusiasmus der Vereinsanhänger zusätzlich verstärkt wurde. 

 

Ein Pokalgewinn hatte fast den Stellenwert einer Meisterschaft. Ja, dann gab es beim FCK die große Pokalsause im Vereinslokal bei Heini „Lücken“ Schwöppe. Dabei durfte geträumt werden, dass …

 

Am emotionalsten war das Punktspiel FC Kalkriese – TUS Engter am 21. März 1965, nachdem unsere Mannschaft in der Woche zuvor von der Spvg Fürstenau mit einer 1 : 7 (!) Packung nach Hause geschickt wurde. Solch eine Niederlage hatten ich und auch die anderen Mannschaftskameraden beim FCK noch nie erlebt. Jeder kann sich die Kritik vorstellen, der sich der Verein nebst der Mannschaft in den Tagen vor dem Spiel stellen musste, und der „Totengesang“ auf den FCK wurde zusätzlich aus der Nachbarschaft befeuert. Dann begann das Spiel auch noch sehr schnell mit einem 0 : 2 Rückstand, nach dem, wie mir FCK-Anhänger später erzählten, einige den Sportplatz am Lutterdamm schon verließen. Aber augenscheinlich hatte der Fußballgott Mitleid mit unserer Mannschaft – nach einem 

 

2 : 3 Pausenstand – gelang uns dann in einem mitreißenden Spiel ein 6 : 3 Sieg mit 2 Toren von Werner Kettler und 4 Toren von mir. Solche Spiele vergisst man nie – auch nicht 55 Jahre später. 

Gab es ein fußballerisches Vorbild für dich als Stürmer?

Das Idol fast aller jungen Spieler war zu der Zeit Uwe Seeler – nur, der war für uns sehr weit „entfernt“. 

 

Mein Vorbild dagegen hatte ich in unserer eigenen Mannschaft: Werner Hemker. Werner, häufig von Helmut Schlüter und Harry Borchert mit „feinen“ Pässen angespielt, war ein „idealer“ zentraler Angreifer, der Bälle halten, aber sich auch gut in 1 : 1 Situationen durchsetzen konnte, wenn er auf starke gegnerische Abwehrspieler, wie wir sie auch in Horst Brockmeyer und Dieter Kreyenhagen hatten, traf. Werner als beidfüßiger Abschlussspieler „wusste immer wo das Tor steht“. 

 

So war es verständlich, dass ich in meinem ersten Jahr erst ab Mitte der Rückrunde diese zentrale Angriffsposition übernehmen konnte und Werner auf die linke Flügelposition rückte.

 

In den 60er-Jahren waren die Sportplätze noch nicht wintertauglich ausgestattet. Erzähl uns doch kurz, wie das Training in den Wintermonaten ohne Annehmlichkeiten wie beispielsweise Flutlicht abgelaufen ist und wie häufig trainiert wurde.

 

Ältere LeserInnen werden sich vielleicht erinnern, dass der Winter 1962/1963 der strengste des 20. Jahrhunderts war, in dem Norddeutschland zusätzlich häufig von schneereichen Tiefdruckgebieten überzogen wurde. So musste die Spielsaison von Mitte November 1962 bis zum 24. März 1963 unterbrochen werden, in der wir dann aber ab Mitte Februar dennoch 5 Freundschaftsspiele durchführen konnten. 

 

In den folgenden Wintern gab es eine jeweils fünfwöchige Spielpause über Weihnachten/Neujahr, aber auch mit Freundschaftsbegegnungen durchsetzt. Training unter Flutlicht – Notbeleuchtung nach heutigen Maßstäben – auf halber auch teilweise schneebedeckter Spielfläche war im Winter für uns kein Problem. Wir alle wussten, dass Fußball eine Freiluftsportart ist und unterschiedliches Wetter dazu gehörte. 

 

„Ihr habt doch alle einen Freischwimmer?!“ gab es als Schiedsrichterantwort, als Spieler einmal nach starken Regengüssen einen Spielabbruch forderten. 

Gibt es Mitspieler, Funktionäre, Geschichten, die dir besonders in Erinnerung geblieben sind?

Fußball ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und jeder wird sich an außergewöhnliche Geschichten erinnern. Die 1. Mannschaft des FC Kalkriese führt zur Saisonvorbereitung ein einwöchiges Trainingslager in der NFV-Sportschule Barsinghausen durch – so oder ähnlich würden sicherlich heute Medienberichte lauten.

 

Aber diese außergewöhnliche Maßnahme wurde im Juni 1962 – vor fast 60 Jahren – durch unseren Trainer Adolf Kreyenhagen initiiert, zu einer Zeit als Training-Camps selbst für Profimannschaften eine Seltenheit waren.

 

Die 9 Spieler, leider waren nicht alle abkömmlich, fühlten sich wie im Paradies: Zweimaliges Training pro Tag, Trainingsbeobachtungen von ausländischen Mannschaften vor Ort, Swimming-Pool in der Anlage, Gespräche mit dem Verbandssportlehrer Benno Hartmann usw.

 

Ja, es wurde aber nicht nur Fußball gedacht und gespielt. So ließ beim Abschied einer unserer flotten Spieler eine hübsche Angestellte der Sportschule mit Trennungsschmerz zurück.

 

„Ein guter Trainer lässt seine Mannschaft nie im Stich“ – so könnte die folgende Anekdote beschrieben werden. 

 

Bei einem Auswärtsspiel war unser Trainer mit Schiedsrichterentscheidungen häufig nicht einverstanden, hatte verschiedene „Dispute“ mit dem Unparteiischen, bis dieser unseren Trainer aus dem Spielfeldbereich verwies. Und dann zeigte sich, dass ein guter Trainer auch Notsituationen meistern kann. Als ehemaliger Torwart noch gut auf den Beinen, folgte er den Anweisungen des Schiedsrichters, kletterte aber auf einen der außerhalb des Sportplatzes stehenden Bäume und gab von dort aus seine Traineranweisungen. 

 

Aber auch dann, wenn der Trainer einmal bei Spielen nicht persönlich anwesend sein konnte, war die Mannschaft in guten Händen: Paul Klodkowski, seit 1963 2. Vorsitzender, aber mehr Betreuer der 1. Mannschaft, eine große Persönlichkeit, für die es Probleme nicht gab, und der sehr ausgleichend den guten Mannschaftsgeist unterstützte. 

Was machte die damalige Mannschaft aus und gibt es heute noch Kontakte zu ehemaligen Mitspielern bzw. Funktionären?

Gelegentliche, jedoch unregelmäßige Kontakte gibt es immer wieder. Wenn zeitlich für mich möglich habe ich immer gern die lokalen Sportfeste besucht und mich gefreut, alte Weggefährten zu treffen. Heinz Kolkmann, einer der wenigen aus dem früheren Vorstand, scheint immer noch großes Interesse am FCK Fußball zu haben. Heinrich Rickhaus, ein dynamischer Abwehrspieler unserer Mannschaft, hat immer noch einen Stammplatz – jetzt aber am Spielfeldrand. 

 

Und wenn ich mich über das „Wohlbefinden“ des FCK informieren möchte, gibt es nur einen, der mit Herzblut, wohlwollend aber auch kritisch über den Verein berichten kann: Herbert Otte
Herbert, der als ehemaliger Mannschaftskapitän des TUS Engter diesen vor 60 Jahren wegen seiner Luise verließ, um dem FC Kalkriese in verschiedenen Funktionen bis hin zum 1. Vorsitzenden zu dienen, gehört zu denen für die der FCK eine Familie ist. Es ist immer informativ und interessant Herberts Erzählungen zuzuhören und dann das Gefühl zu haben, dass der FC Kalkriese ein lebendiger, aktiver und breit aufgestellter Verein ist:
die Nr. 1 in der Stadt Bramsche.